RE:STOCK INDUSTRY - Digitaler Framework zur kreislauforientierten Wiederverwendung von Bestandstragwerken für vertikale Produktionen
Kurzbeschreibung
Ausgangssituation/Motivation
Das starke Wachstum der österreichischen Industrie führt zu erhöhter Bautätigkeit und Flächenversiegelung. Der Bausektor verursacht 60% der Rohstoffextraktion, 40% der energie-bezogenen CO2-Emissionen und 70% des Abfallaufkommens in Ö - Fakten, welche zur nach-haltigen Wiederverwendung bereits vorhandener Infrastruktur aufrufen.
Trotz mehr als 82 200 bestehender Industrie- und Lagergebäude, 20 000 ha ungenutzter Industrieflächen, sowie 6000 Industrie Gebäudebrachen, werden Neuansiedlungen/Erweiterungen selten in Bestandsstrukturen integriert.
Die Umsetzung von vertikalen Produktionsprozessen und vertikaler Ertüchtigung von Industriegebäuden können Abfallaufkommen und Bodenversiegelung stark reduzieren. Die Tragstruktur ist von entscheidender Bedeutung. Es fehlen meist Informationen über die Tragfähig- und Gebrauchstauglichkeit für die Wiederverwendung und Methoden zur präzisen Erfassung und lebenszyklusorientierten Bewertung von Tragwerksbeständen.
Inhalte und Zielsetzungen
Das übergeordnete Ziel von RE:STOCK INDUSTRY ist den baulichen Tragwerksbestand von Industriebauten gezielt bei Neuansiedelungen, Erweiterungen oder Umnutzungen wiederzuverwenden, statt auf Recycling- oder Entsorgungsprozesse zurückzugreifen.
Durch innovative vertikale Produktionskonzepte u. deren Integration in Potentialanalysen des Bestandstragwerks soll neue Bodenversiegelung vermieden u. die Lebensdauer von Industriebaubeständen durch Wiederverwendung des Tragwerks verlängert werden.
Das Forschungsziel ist die Entwicklung einer Methode für die durchgängige digitale Erfassung, Modellierung und Analyse von Bestandstragwerken von Industriegebäuden, um ihr Potential für Wiederverwendung, Modernisierung und Ertüchtigung bei vertikalen Erweiterungen unter Berücksichtigung von kreislaufwirtschaftlichen Aspekten zu bestimmen.
Methodische Vorgehensweise
Im Projekt werden fehlende automatisierte Methoden für Scan zu FEM (Finite-Element-Methode) unter Verwendung von Algorithmen der Künstlichen Intelligenz (KI) entwickelt. Die generierten und mit der exakten Geometrie und Materialeigenschaften angereicherten as-built FEM-Modelle werden neben der traditionellen Tragwerksanalyse auch der kreislauforientierten Dokumentation und Bewertung der Re-Use Fähigkeit des Tragwerks dienen.
Es werden innovative Ansätze für vertikale Ertüchtigungen von Industriegebäuden und maßgeschneiderte Konzepte für vertikale Produktions- und Lagerprozesse im Bestand erforscht. Eine digitale Methode wird entwickelt, die vertikale Nutzungskonzepte nahtlos in die FEM-Modelle integriert und Modernisierungs- und Ertüchtigungsmaßnahmen mit gleichzeitigem Kosten- und Nachhaltigkeitsfeedback abbildet, um so die Re-Use Fähigkeit bestehender Strukturen zu bewerten.
Eine interaktive Augmented-Reality (AR) Anwendung ermöglicht die Visualisierung der Re-Use Konzepte mit real-time Feedback direkt am potenziellen Bauplatz und motiviert Planer und Bauherren zur Ertüchtigung anstelle von Abbruch und Neubau.
Erwartete Ergebnisse
Die Innovation liegt in der Kopplung verschiedener Methoden in einem Framework: Anwendung von KI-Algorithmen zur automatisierten Generierung von as-built-FEM Modellen aus Scandaten, Integration von vertikalen 3D-Nutzungskonzepten in die Tragwerksanalyse, Methoden zur Bewertung und Dokumentation tragwerksrelevanter Informationen zur Wiederverwendbarkeit des Gebäudes sowie Integration von AR-Technologie als visuelle Entscheidungshilfe zur Re-Use Bestandsbewertung.
Gebäudeeigentümer erhalten ein Instrument zur digitalen Dokumentation und Analyse des Tragwerkbestands ihrer Industriegebäude und das Bewusstsein für eine kreislaufwirtschaftliche Nutzung wird geschärft. Durch die Umsetzung der vorgeschlagenen Methoden in der Praxis wird der vorhandene Industriebaubestand unter vertikaler Nutzung nachhaltig modernisiert und ertüchtigt, die Lebensdauer der Gebäude verlängert und neuer Bodenversiegelung entgegengewirkt.
Die Ergebnisse werden langfristig auch für andere Gebäudetypen relevant sein, in denen eine (automatisierte) Erfassung und Analyse bestehender Strukturen zur Ertüchtigung erforderlich ist, z. B. Büro-, Schul- oder Wohnbau.
News
Oktober 2024: Das Projektkonsortium ist momentan auf der Suche nach leerstehenden, in Umbau befindlichen oder für den Umbau vorgesehenen Industriegebäuden als Use Cases.
Kontakt: Julia Reisinger (TU Wien), julia.reisinger@tuwien.ac.at
Publikationen
- Konferenzbeitrag bei der Conference on Computing in Construction (14. - 17. Juli 2024)
- Beitrag auf futurezone: "Forscher lassen Österreichs Industriegebäude länger leben" (19. Februar 2024)
Projektbeteiligte
Projektleitung
Dipl. Ing. Dr. techn. Julia Reisinger - Technische Universität Wien, Institut für Hoch- und Industriebau, FB Integrale Planung und Industriebau
Projektpartner:innen
- ATP Wien Planungs GmbH
- Delta Projektconsult GmbH
- diebauplaner salzer&partner zt GmbH
- Fraunhofer Austria Research Gesellschaft mit beschränkter Haftung
- Palfinger Structural Inspection GmbH
- RM Umweltkonsulenten ZT GmbH
- Technische Universität Wien Institute of Visual Computing and Human-Centered Technology
Kontaktadresse
TU Wien, Institute of Building and Industrial Construction
Integrated Planning and Industrial Building
Dipl. Ing. Dr. techn. Julia Reisinger
Karlsplatz 13/E210-01
A-1040 Wien
Tel.: +43 (1) 58801 21522
E-Mail: Julia.reisinger@tuwien.ac.at
Website der TU Wien